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Chance MMX – zweitausendzehn:
Das Ruhrgebiet auf dem Weg zur Europäischen Metropole?

Am 1. März 2008 fand im Regionalverband Ruhr in Essen die Konferenz „Chance MMX – zweitausendzehn: Das Ruhrgebiet auf dem Weg zur Europäischen Metropole?” statt.

Veranstalter war Frithjof Schmidt, Mitglied des Europäischen Parlamentes, mit rhondda, dem Internationalen Büro für Industriekultur und Regionalpolitik.

 

Thema war die Zukunft des Ruhrgebietes.

Die Kulturhauptstadt 2010 ist eine einmalige Chance, den wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Wandel im Ruhrgebiet ein großes Stück voranzubringen. Wie kann der Wandel der Region vom Industriezeitalter zur kreativen Gesellschaft gemeinsam bewältigt werden? Und welche Chancen und Möglichkeiten bieten sich für das Ruhrgebiet als Europäischer Kulturhauptstadt 2010? Was können wir aus den Erfahrungen Nordfrankreichs und der Kulturhauptstadt Lille 2004 lernen?

Logo Ruhrgebiet 2010Zu diesen Fragen diskutierten ca. 70 Teilnehmer der Konferenz. Dabei ging es vor allem darum, wie die Zukunft der Region demokratisch und unter gerechter Teilhabe aller zu gestalten ist. Statt Entwicklung nur wirtschaftlich zu denken, muss die Kulturhauptstadt 2010 vor allem als Chance in sozialer und kultureller Hinsicht begriffen werden.

Nach einem Grußwort durch Daniela Schneckenburger, Landesvorsitzende der Grünen NRW, diskutierten auf dem Podium:

Dr. Frithjof Schmidt, Mitglied des Europäischen Parlaments,
Yves Dhau-Decuypère, Direktor der Agentur für regionale Entwicklung „Mission Bassin Minier”, die im ehemaligen Kohlerevier von Nord-Pas de Calais Strukturwandel–Projekte realisiert,
Dr. Thomas Rommelspacher, stellvertretender Direktor des Regionalverbandes Ruhr (RVR) und
Asli Sevindim, Journalistin und Künstlerische Direktorin der Kulturhauptstadt 2010.

Moderiert wurde die Diskussion von Sabine Drewes, Heinrich-Böll-Stiftung.

Die deutsch-französische Dolmetschung übernahmen Marlene Damerau und Marion Steiner von rhondda.

 

Diskussionsbeiträge

Die Beiträge der Referenten finden Sie in der Dokumentation der Veranstaltung. Hier eine kurze Zusammenfassung:

Yves Dhau-Decuypère beschrieb die regionale Zusammenarbeit in Nordfrankreich und hob die Rolle der Kultur im Strukturwandel der Region hervor. Er zog ein positives Fazit aus der Kulturhauptstadt Lille 2004, die in der gesamten Region Nord-Pas de Calais stattfand, und zeigte viele ihrer positiven Impulse für das Umland von Lille auf. Besonders erwähnenswert ist die Arbeit der Theaterfabrik „Culture Commune – Scène nationale”, die einen wichtigen Beitrag zur künstlerischen und kulturellen Entwicklung des früheren Kohlereviers Bassin Minier und zur interkommunalen Zusammenarbeit im Bereich Kultur leistet. Der Bau der ersten Außenstelle des Pariser Louvre in Lens ist ein weiteres wichtiges Projekt der regionalen Kulturpolitik in Nordfrankreich. Yves Dhau-Decuypère plädierte für einen fruchtbaren Mix aus der Förderung von Industriekultur und Kunstprojekten, also aus „Steinen und Menschen”.

KonferenzAsli Sevindim richtete den Blick auf die interkulturellen Rahmenbedingungen für die Kulturhauptstadt 2010. An der Ruhr könne man nicht von einer Kultur, sondern von vielen mit einander verknüpften Kulturen sprechen, die seit den ersten Migrationswellen in den 1870er Jahren bis heute die Region prägten. Am Beispiel der größten Migrantengruppe, der Türken, schilderte sie, wie durch zielgruppengerechte Angebote auch in Opernhäusern und Theatern kulturelle Vielfalt einziehen kann. Für die künstlerische Direktorin der Kulturhauptstadt liegt auf der Hand, dass auch türkische Steuerzahler ein Recht auf ein sie ansprechendes öffentliches Kulturprogramm haben. Gleichzeitig sieht sie gerade in den Regionen einen hervorragenden Orientierungspunkt für Migranten. Es sei viel leichter für sie, das Ruhrgebiet als ihre Heimat zu bejahen, als sich mit dem abstrakten „Vaterland Deutschland” zu identifizieren.

Thomas Rommelspacher begrüßte die Kulturhauptstadt 2010 als eine erfolgversprechende freiwillige Kooperation der Ruhrstädte. Allerdings funktioniere nach seiner Erfahrung Freiwilligkeit nur in absoluten „win–win–Situationen”. Damit das Ruhrgebiet Metropole werden könne, seien auch verbindliche Kooperation mit demokratischer Teilhabe nötig. Von der Kulturhauptstadt erhofft sich Thomas Rommelspacher mehr Einsicht in die Notwendigkeit von freiwilliger und, wo notwendig, auch verbindlicher Zusammenarbeit.

Frithjof Schmidt ergänzte, in Deutschland werde die Europäische Union immer noch viel zu wenig als ein Europa der Regionen wahrgenommen. Dabei seien es zunehmend zusammenwachsende Regionen, die die Lebenswelt der Menschen bestimmten. Die Politik hinke dem noch hinterher. Neben der lokalen Demokratie bedürfe es deshalb auch der demokratischen Kontrolle der regionalen Zusammenarbeit. Etwa in Form eines direkt gewählten Ruhrparlaments sowie eines ebenso bestimmten Regionaldirektors Ruhr.

 

Materialien zur Veranstaltung

Einladung (als pdf-Datei, 292 KB)
Flyer mit Programm (als pdf-Datei, 348 KB)
Hintergrundtext zu Nordfrankreich von Marion Steiner (als pdf-Datei, 1,5 MB)
Dokumentation (als pdf-Datei, 1 MB)